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Grabstätte für Zwangsarbeiterkinder auf dem St.-Pauli-Friedhof Dresden

Auf dem Dresdner St.-Pauli-Friedhof befindet sich ein bis vor Kurzem unscheinbares Sammelgrab für 225 Kinder von ehemaligen osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen. Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler haben sich in den letzten beiden Jahren für die Verwirklichung eines würdevollen Gedenkens an die Säuglinge und Kleinkinder eingesetzt. Über die Erarbeitung von Entwürfen, die Erforschung von Einzelschicksalen bis zur Gestaltung von Erinnerungstafeln für jedes einzelne Kind haben sich Menschen aller Generationen eingebracht und daran mitgewirkt, dass die Neugestaltung der Grabstätte nun erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Heute, am 6. November 2015 wird die Grabanlage feierlich übergeben.

Die Gestaltung integriert verschiedene Ideen eines Schülerprojektes. Schülerinnen und Schüler verschiedener Dresdner Schulen haben sich zunächst mit den Einzelschicksalen der verstorbenen Kinder befasst und sodann Entwürfe für die Neugestaltung der bis dahin unscheinbaren Grabanlage erarbeitet. „Insbesondere der Gedanke, dass die Individualität jedes einzelnen Kindes hervorgehoben werden soll, fand sich in fast allen Entwürfen wieder“, berichtet die Projektinitiatorin Annika Dube-Wnḝk. Jedes Kind erhielt eine kleine, von Dresdner Bürgerinnen und Bürgern individuell gestaltete Tafel aus modellierbarem Kunststein, auf welcher der Name und die Lebensdaten festgehalten wurden. Diese Tafeln erstrecken sich aneinandergefügt auf etwa 90 Meter Länge. Damit werden die Größe der Grabstätte und die Dimension der Geschehnisse verdeutlicht.

Für viele Jugendliche war der Karton, welcher statt eines Sarges zur Beerdigung diente, ein sehr eindrucksvolles Bild, das sie als Gestaltungselement aufgriffen. Einige Kartons wurden nachgestaltet und zu einer Skulptur zusammengefügt, die einen Text zum Schicksal der bestatteten Kinder aufnimmt.

Die Bürgermeisterin Eva Jähnigen dankt allen Akteuren, die “mit ihren Ideen, ihrer Kreativität, Zeit, ihrem Engagement und finanzieller Unterstützung ein besonderes Zeichen gesetzt haben. Dresden geht offen mit seiner Vergangenheit um. Entstanden ist eine Grabstätte zur würdevollen Erinnerung an das Leid der in Dresden verstorbenen Kinder und ihrer Eltern“.

Finanziert wurden das Projekt und die bauliche Umsetzung durch das Lokale Handlungsprogramm der Stadt Dresden, Bundesfördermittel für Kriegsgräber und Spenden. Die Kosten betragen etwa 45 000 Euro. Davon sind 26 000 Euro Fördermittel Lokales Handlungsprogramm und 16 000 Euro Bundesfördermittel.

 

Bisher wies nur ein Stein mit der Inschrift: "Hier ruhen Kinder der Bürger der polnischen Republik und Kinder der Bürger der U.d.S.S.R 1939 - 1945" auf das Schicksal der Kinder hin. Der überwiegende Teil der Grabstätte war als solche nicht zu erkennen. Die Säuglinge und Kleinkinder starben von 1943 bis 1945 aufgrund mangelhafter Ernährung und unzureichender Pflege in der sogenannten Ausländerkinder-Pflegestätte in Hellerberge. „Die Tatsache, dass in den Ausländerkinder-Pflegestätten Säuglinge und Kleinkinder durch gezielte Vernachlässigung zu Tode kamen, dass den verletzlichsten und in ihrer Abhängigkeit vollkommen wehrlosen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft die Fürsorge verweigert wurde, verdeutlicht die Grausamkeit nationalsozialistischer Gewaltherrschaft“, sagt Dr. Solveig Buder, Geschäftsführerin des Vereins Jugend Arbeit Bildung e. V. und fügt hinzu: „Umso wichtiger ist die Auseinandersetzung der Bürgerinnen und Bürger Dresdens mit diesem Teil der Stadtgeschichte“. Im Sinne einer neuen, von bürgerschaftlichem Engagement getragenen Gedenkkultur arbeitete der Verein Jugend ∙ Arbeit ∙ Bildung e. V. gemeinsam mit der Stadtverwaltung Dresden daran, die  Grabanlage würdig zu gestalten.

 

Informationen unter: www.zwangsarbeiterkinder-dresden.de