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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2003/01/c_092.php 29.05.2015 00:03:50 Uhr 03.05.2024 03:02:27 Uhr

Krippen- und Hortplätze in Dresden - Aktueller Stand

Die aktuelle Position der Stadt Dresden zur Entscheidung über den Umgang mit Krippen- und Hortplätzen 2003 und der derzeitige Bearbeitungsstand stellen sich wir folgt dar:

Im Dezember letzten Jahres beschloss der Stadtrat, auf Grund der Reduzierung des Platzangebotes im Krippen- und Hortbereich, in diesem Jahr vornehmlich die Betreuung für Kinder anzubieten, deren Eltern berufstätig sind oder sich in der Ausbildung befinden sowie für Kinder aus Familien, wo ein besonderer Hilfebedarf besteht. Auf der Grundlage dieser Zugangskriterien wurde der Bedarf für die beiden Betreuungsarten ermittelt. Der Eigenbetrieb Kindertagesstätten kündigte auf der Grundlage dieses Stadtratsbeschlusses alle bestehenden Betreuungsverhältnisse, die nicht den oben genannten Zugangskriterien entsprachen.

Rechtliche Grundlage der Entscheidung und aktueller Stand:
Paragraf 24 des Sozialgesetzbuches (SGB), Teil acht in Verbindung mit Paragraf 3 Absatz 2 des Sächsische Gesetz zur Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten (SächsKitaG) regelt, dass für Kinder unter drei Jahren und für schulpflichtige Kinder bis zur Vollendung der 4. Klasse Plätze in Kindertageseinrichtungen nach Bedarf vorzuhalten sind. Damit wird eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Landeshauptstadt Dresden als Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Bereitstellung dieser Plätze begründet.

Ein subjektiver Rechtsanspruch, also individueller Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung für diese Altersgruppen besteht, abweichend zum Rechtsanspruch in der Altersgruppe drei bis sechs Jahre, nicht. Eine Definition des Bedarfes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit nachfolgendem Urteil aus dem Jahr 2000 eine Auslegung des Bedarfs gemäß § 24 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) vorgenommen:
"Auf der Grundlage der Zielsetzung des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes und des verfassungsrechtlichen Gebotes, sind Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Familie und Berufstätigkeit aufeinander abgestimmt werden können und die Wahrnehmung der familiären Erziehungsaufgabe nicht zu beruflichen Nachteilen führt, muss also im Rahmen der Angebotspalette einem Bedarf Rechnung getragen werden, welcher aus erzieherischen Gründen entsteht, bei Kindern alleinerziehender Elternteile, wenn die Eltern sich in Ausbildung befinden oder aus wirtschaftlichen Gründen erwerbstätig sein müssen"
(vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.2000 - 5 C 19/99 - Lüneburg, NVwZ 2000, S. 1301 f., Wiesner/Struck SGB VIII, 2. Auflage, § 24, Rn. 32).

Der Sächsische Landtag hat diese Rechtsauffassung in seiner Sitzung am 23. Januar 2003 auch im Bezug auf den Bedarfsbegriff des Sächsischen Kindertagestättengesetzes bestätigt.

Der Stadtrat ist mit seinem Beschluss über die Mindestdefinition des Bedarfes hinausgegangen und hat unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsgrundlagen ein Betreuungsangebot dergestalt beschlossen, dass die Betreuung folgender Bedarfsgruppen berücksichtigt wird:
1. Kinder, deren Eltern beide berufstätig sind oder
2. sich in Aus- und Weiterbildung befinden sowie
3. Familien mit besonderem Hilfebedarf

Die Berücksichtigung Alleinerziehender erfolgt bei Vorliegen der genannten Kriterien vorrangig. Müttern wird während der Mutterschutzfrist ein uneingeschränkter Bestandsschutz des Kinderkrippen- bzw. Hortplatzes gewährt. Des Weiteren wurde beschlossen für Maßnahmen des Arbeitsamtes zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit sowie der Aufnahme einer Arbeit oder einer Ausbildung aus der Arbeitslosigkeit einen Krippen-, Tagespflege- oder Hortplatz kurzfristig zur Verfügung zu stellen.

Zur Umsetzung dieses Beschlusses wurden alle betroffenen Eltern informiert, dass ihr Betreuungsvertrag gekündigt wird, sofern der Bedarf im oben genannten Sinne nicht nachgewiesen werden kann.

Die von der Kündigung betroffenen Familien haben in der Regel ihre erforderlichen Nachweise erbracht, so dass die Betreuungsverhältnisse zum 3. Februar 2003 fortgesetzt werden. Alle den Einrichtungen bzw. dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) vorliegende Anträge auf Einzelfallentscheidung wegen Vorliegen eines besonderen Hilfebedarfes wurden und werden kurzfristig bearbeitet. Sofern einstweilige Anordnungen beantragt worden sind, wird ebenfalls das Betreuungsverhältnis fortgesetzt.

Eine Stichprobe zum aktuellen Sachstand wurde in 41 Kindertageseinrichtungen mit folgendem Ergebnis genommen:
In diesen Einrichtungen wurden 1755 Betreuungsverträge gekündigt, davon sind von 1500 Eltern Nachweise erbracht worden. Die Kündigungen würden zum gegenwärtigen Stand für 255 Familien wirksam. Das entspricht 14,5 Prozent aller Familien, die eine Kündigung erhalten haben.

Die Stadt hat bisher bei vorliegenden Klagen in den Fällen, in denen die Eltern ihren Anspruch gemäß den beschlossenen Zugangskriterien schon nachgewiesen haben, gegenüber dem Gericht erklärt, dass kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, da die Betreuung auch nach dem 03. Februar 2003 gesichert ist.
Da für alle Betreuungsverhältnisse, für die die Personensorgeberechtigten die entsprechenden Zugangskriterien gegenüber der Stadt nachgewiesen haben, diese Sicherheit für die Fortführung des Betreuungsverhältnisses besteht, werden zur Gewährleistung der Rechtssicherheit die Kündigungen zurückgenommen. Die Eltern werden durch die aufnehmenden Einrichtungen davon schriftlich informiert.

Die Kündigungen werden somit nur in den Fällen aufrechterhalten, in denen ein Bedarf nach bisheriger Kenntnis nicht besteht.Natürlich bedeutet das für die betroffenen Kinder und auch ihre Eltern eine große Härte. Niemandem in der Verwaltung und im Stadtrat ist diese Entscheidung leicht gefallen.

Dresden hat seit dem Jahr 2000 eine signifikant abweichende Geburtenentwicklung innerhalb Ostdeutschlands außer der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam. Diese beiden Städte verzeichnen stark steigende Geburtenzahlen, die sich jetzt zunächst einpegeln auf diesem hohen Niveau. Das ist ein Maßstab für eine gute wirtschaftliche, infrastrukturelle und soziale Entwicklung. Dresden lag in den Jahren 2000 und 2001 unter den fünf deutschen Großstädten mit der höchsten Geburtenrate.

Nun muss man sicher auch den Sanierungsbedarf im Bestand der Kindertageseinrichtungen, aber auch der Schulen - auch diese haben ja einen Bildungsauftrag - sehen. Sanierungsbedarf bedeutet dabei eben nicht nur Schönheitsreparaturen, sondern nach wie vor Umsetzung von Brandschutzvorschriften, Asbestsanierung und von Energiestandards. Also auch wieder kommunale Pflichtaufgaben. Auch hier hat sich die Verwaltungsspitze zwangsläufig für die Erfüllung der Pflichtaufgabe entschieden. Selbst dafür konnten aber nur eingeschränkt Mittel zu Verfügung gestellt werden.

Wenn nun zur Sanierung und Bestandserhaltung in den nächsten zehn Jahren im Bereich Kindertagesstätten insgesamt 100 Millionen Euro, davon kurzfristig 39 Millionen Euro und im Bereich Schulen 35 Millionen Euro jährlich bereitgestellt werden müssten, ist der finanzielle Spielraum für Erweiterungsinvestitionen sicher sehr klein.

Die Stadt hatte sich nun der Situation zu stellen, dass momentan ca. 850 Anträge von Eltern auf sofortige Realisierung ihres Betreuungswunsches vorliegen, wo zum größten Teil die Zugangskriterien erfüllt sind. Das bedeutet, sofern die bestehenden Betreuungsverträge fortgesetzt werden sollen, kann einem begründeten Bedarf von Eltern nicht Rechnung getragen werden.
Das es objektiv nicht möglich ist, im ersten Quartal 2003 bis zu 1000 Kita-Plätze kurzfristig zu schaffen, ist sicher nachvollziehbar. Das heißt, wenn die Stadt ihre Pflichtaufgaben in der Kindertagesbetreuung jetzt und in den nächsten Monaten erfüllen will, muss sie ihre freiwilligen Leistungen einschränken.

Eine Vergabe, die der Bedarfssituation Rechnung trägt, war damit nur möglich, wenn die Landeshauptstadt die bestehenden Verträge im Krippen- und Hortbereich beendet.

Die aktuelle Beschlusslage sagt ja nicht, dass Eltern, die die Zugangskriterien nicht erfüllen, keinen Betreuungsplatz bekommen dürfen, sondern nur, das eben kein Rechtsanspruch besteht. Es gibt somit einen eindeutigen Vorrang dafür, dass die objektiv verfügbaren Plätze den Eltern zur Verfügung stehen, die diesen unbedingt - und dies nach rechtlich klar abgrenzbaren Kriterien - brauchen.
Tobias Kogge: " Ich hoffe nunmehr auch, dass in der öffentlichen Diskussion nicht nur die unstrittige Härte gegenüber den Kindern und Eltern, die den Betreuungsplatz ab Februar oder in absehbarer Zeit verlieren, thematisiert wird, sondern auch die Härte gegenüber den Kindern und Eltern gesehen wird, die dringend einen Betreuungsplatz brauchen und dabei schon mehrere Monate auf eine positive Entscheidung der Stadt oder eines freien Trägers warten."

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