Projekt Klimapartnerschaften

März: 3. Entsendungsreise 

Am Nachmittag des 16. März machte sich ein Teil des Dresdner Kernteams erneut auf den Weg in die Dresdner Partnerstadt in der Republik Kongo, um mit den Partner/innenn vor Ort das gemeinsame Handlungsprogramm für die zukünftige Zusammenarbeit in den Themenbereichen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung weiter zu entwickeln. Nach einer Nacht am Pariser Flughafen wurde die Dresdner Delegation gegen 20 Uhr am Abend des 17. März bei 37°C am Aeróport de Brazzaville Maya-Maya durch das Empfangskomitee der Brazzaviller Stadtverwaltung begrüßt: Der Chef de Protocole, der Direktor für Internationale Beziehungen und die Direktorin für Urbane Landwirtschaft und Ernährung freuten sich sichtlich genauso über das Wiedersehen wie die drei Dresdner/innen. Nachdem beim ersten Besuch, ziemlich genau ein Jahr vorher, das Kennenlernen der Akteur/innen, Projekte und Gegebenheiten vor Ort im Mittelpunkt stand, wurden in diesem Jahr auch die Räumlichkeiten im Brazzaviller Rathaus intensiv für gemeinsame Arbeitssitzungen genutzt. Die Themenschwerpunkte Abfallwirtschaft, Schulhofgestaltung und Nachhaltige Landwirtschaft wurden mit strategischen und operativen Zielen sowie mit Maßnahmen untersetzt. Außerdem wurden gemeinsam Indikatoren festgelegt, die zur Messung des Umsetzungserfolgs der Maßnahmen verwendet werden.

Natürlich wurde der Aufenthalt auch genutzt, um noch weitere Fachexkursionen durchzuführen und zusätzliche Projektmöglichkeiten auszuloten. Landwirtschaftliche Kooperativen, eine Organisation, die Abfall sammelt und sortiert und eine wissenschaftliche Organisation, die technologische Innovationen für nachhaltige Entwicklung fördert, vermittelten unter vielen anderen erneut Einblicke in verschiedene Problematiken, zeigten aber auch das große Potential, das vor Ort vorhanden ist. Mit der Klimapartnerschaft sollen die Akteure in Brazzaville gezielt unterstützt werden, dieses Potential effizient und effektiv auszuschöpfen, die Lebensbedingungen vor Ort zu verbessern und zu nachhaltiger Entwicklung beizutragen.

Im Dresdner Kernteam hat sich in Bezug auf die Klimapartnerschaft mit Brazzaville mittlerweile ein geflügeltes Wort etabliert: „Eine gefährliche Reise“ sagen die Mitglieder des Kernteams gerne, wenn etwas Unerwartetes passiert. Einen wirklich gefährlichen Eindruck macht die zweieinhalb Millionen Einwohner-Stadt Brazzaville jedoch nicht. Vielmehr vermittelt die Stadt, ist man unterwegs auf den Straßen von Brazzaville, auch bei der zweiten Reise noch immer ein Gefühl großer Demut angesichts der teilweise harten Bedingungen, unter denen die Menschen in Brazzaville leben und arbeiten

September: Besuch aus Brazzaville

Halbzeit im Projekt Klimapartnerschaften: was zuletzt geschah
Fachdelegation aus Brazzaville in Dresden, Netzwerktreffen in Mexiko und in Schweinfurt

Langzeitarbeitslose, die arbeiten, ein Kleingartenverein ohne Zäune und Erdnüsse, die in Dresden wachsen. All das und noch viel mehr konnten wir dem zweiten stellvertretenden Bürgermeister von Brazzaville, der Direktorin für urbane Landwirtschaft und Ernährung sowie dem Beauftragten des Brazzaviller Oberbürgermeisters für Klimafragen zeigen, als wir sie im Rahmen des Projektes Klimapartnerschaften im September in Dresden empfangen durften. Das Entsendungs-Programm begann mit Vorträgen von Expertinnen aus dem Dresdner Umweltamt zu Folgen und Anpassungsmaßnahmen des Klimawandels in Dresden, insbesondere auch zu Folgen von Starkregenniederschlägen, welche die Gäste aus Brazzaville auch selbst gut kennen. Danach ging es raus aus dem Rathaus und zu verschiedenen Praxisbeispielen. Die Gestaltung von hitzeangepassten Schulhöfen stand ebenso auf dem Programm wie Abfallwirtschaft, die Gewinnung erneuerbarer Energien und das Thema Umweltbildung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Gute Praxisbeispiele aus Dresden sollten gezeigt werden, die nachahmenswert sind und für die Verhältnisse in Brazzaville angepasst und übernommen werden könnten. Aber auch die Dresdner Akteurinnen und Akteure zeigten großes Interesse an den Erfahrungen aus Brazzaville, schließlich ist die Hauptstadt der Republik Kongo bereits länger mit Hitze, Starkregen und sich ändernden Niederschlagsmustern konfrontiert.

In den Tafelgärten bauen Langzeitarbeitslose und Geflüchtete mit Erfolg Obst und Gemüse für die Tafeln an und helfen so bei der Versorgung der Stadt mit lokal angebauten Lebensmitteln. Die Anleiterin Ute Kronfeld zeigt, mit welchem Erfolg.

Das einzigartige Projekt wird vom Verein Jugend Arbeit Bildung getragen und betreut. 

Die Internationalen Gärten in der Johannstadt zeigen, wie Gärtnern verbinden kann, auch über Sprachbarrieren und kulturelle Hintergründe hinweg. Die Solarwerkstatt stößt dabei bei den Brazzavillern auf besonderes Interesse. Die landwirtschaftlichen Flächen, die in Brazzaville meist durch Kooperativen bewirtschaftet werden und zur Ernährung der Stadt beitragen, sind oftmals abgelegen und nicht an das Stromnetz angeschlossen. Solarpanels, mit denen man eine Wasserpumpe betreiben kann, Lampen zur Beleuchtung, um nach Einbruch der Dunkelheit (ca. 18 Uhr), wenn es etwas abgekühlt hat, noch gärtnern zu können oder als Schutz gegen Diebstahl: die Einsatzmöglichkeiten wären vielfältig.

Eine Kleingartenanlage ohne Zäune? Außergewöhnlich und eindrucksvoll. Der Kleingartenverein Aronia betreibt in Großzschachwitz naturnahes Gärtnern und überreicht den Gästen aus Brazzaville ein besonderes Geschenk: Gemeinsam mit dem Bundesverband Deutsche Schreberjugend haben Sven-Karsten Kaiser und Antje Krüger Broschüren der Schreberjugend zu Themen wie Hochbeetbau oder der Gewinnung von Pflanzenkohle ins Französische übersetzt und drucken lassen. Zu letzterem gab es dann auch noch eine Live-Vorführung.

Im Anschluss an das Programm in Dresden reiste ein Teil der Brazzaviller Delegation nach Puebla in Mexiko, wo die SKEW (Servicestelle Kommunen in der Einen Welt) das Treffen der Südkommunen organisierte. Ziel dieses Netzwerktreffens ist der Austausch der Südkommunen untereinander. Auch für die deutschen Kommunen gab es Anfang November beim Netzwerktreffen der Nord-Kommunen in Schweinfurt Gelegenheit zum Austausch und zur Diskussion des bisherigen und zukünftigen Projektablaufs.

März: Reise nach Brazzaville 

Ein Kloß aus Mehl der Maniokwurzel (Fou Fou) und eine Beilage aus den grünen Blättern der Maniokpflanze (Saka Saka) begeisterte die Dresdner Delegation gleich am ersten Abend in Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo. Vier Vertreter*innen aus der Landeshauptstadt Dresden waren im Rahmen des Projektes „Kommunale Klimapartnerschaft“ der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) im März 2023 für 10 Tage in der kongolesischen Partnerstadt Brazzaville unterwegs. Eine Reihe von Projekten wurden besichtigt, um im Zuge der Klimapartnerschaft Eindrücke von der Realität vor Ort zu sammeln, Bedarfe zu erkennen und gemeinsam ein Handlungsprogramm zu entwickeln. Maniok ist das Hauptnahrungsmittel im afrikanischen Staat. Doch die Ernährung der Bevölkerung ist ein Problem vor Ort. Es gibt zu wenig erschlossene Anbaufläche, bei einem gleichzeitig immensen Urbanisierungsgrad. Daneben steht kaum technische Ausrüstung für die Bewirtschaftung der Flächen zur Verfügung. Hinzu kommt der Klimawandel. Der Kongo leidet unter veränderten Klimabedingungen, wie der Verschiebung der Regen- und Trockenzeiten und zunehmenden Starkregenfällen.

Wie akribisch in feinster Handarbeit der köstliche Maniok, aber auch Amarant, Zwiebeln, Spinat und Bananen angebaut werden, wird beim Besuch mehrerer urbaner Gärten deutlich. Hier engagieren sich auf stadteigenen Flächen lokale Genossenschaften, um den Anbau von Obst und Gemüse anzukurbeln, so dass lokale Produkte den Weg auf die städtischen Märkte finden. Viel zu wenig für die 2,5 Mio. Einwohner: Der Großteil der Nahrungsmittel wird nach wie vor aus Frankreich importiert oder Händler kommen vom Nachbarland (der Demokratischen Republik Kongo) über den großen Fluss, um ihre Produkte zu verkaufen.

Um die Situation zu ändern, verfolgt die Stadt Brazzaville ein ambitioniertes Projekt. Die ca. 180 km² große Insel M'Bamou, die mitten zwischen den beiden Hauptstädten Kinshasa und Brazzaville im Fluss Kongo liegt, soll fit für die Landwirtschaft gemacht werden. Hier soll die „Versorgungskammer“ Brazzavilles entstehen, die Stadt unabhängiger von Importen machen und die Preise für Lebensmittel niedrig halten. Jedoch gibt es keine Stromversorgung, quasi keine Infrastruktur, dafür viel Fläche und engagierte Bäuerinnen und Bauern. Auf schmalen Trampelpfaden bewegt sich die Delegation durch die meterhohen Gräser der Feuchtlandschaft, vorbei an verstreuten Maniok-, Salat-, Gurken- und Amarantfeldern und hat schon die Bilder von Planierraupen und Rodung vor den Augen, die diese Idylle hier wohlmöglich bald zerstören könnten. Doch zunächst scheint sich die Vermutung nicht zu bewahrheiten. Mit Unterstützung der Dorfältesten und der hier ansässigen Bevölkerung soll eine Modellfläche für die Landwirtschaft nachhaltig erschlossen werden, die Natur soll dabei geschützt werden. Auf der Fläche, die sich im städtischen Eigentum befindet, soll ökologische Landwirtschaft betrieben werden, eng begleitet von Bildungsangeboten und Beschäftigungsperspektiven, vorrangig für die jungen Frauen aus dem Insel-Dorf Kitenge in welchem die Delegation zu Gast ist.

Die Bewohner des Dorfes sind sehr aufgeschlossen und motiviert. Viel soll auf der Insel passieren, viel soll durch die Bildungsarbeit der Jugend geschehen, den Kindern eine Perspektive gegeben werden. Ein immenses Vorhaben, dass bei guter Umsetzung eine enorme Bereicherung für die Bevölkerung darstellen kann und welches auch die Dresdner Delegation beeindruckt. Unterstützen sollen die Dresdner unter anderem dabei, das Know-How für die Nutzung regenerativer Energien zu übermitteln. Das Thema Agri-PV ist in Deutschland auf Vormarsch. Auf der Insel M’Bamou gilt es, die Nutzung der Sonnenenergie von Anfang an mitzudenken. Denn ein Stromnetz bis hierher gibt es nicht.

Als Dank für den Besuch wird die Dresdner Delegation und die Begleiter aus der kongolesischen Politik sowie Verwaltung mit zwei riesigen Stauden Kochbananen, einem Berg von Maniokblattwerk, Avocados, Zitronen, Gewürzen und zwei Kanistern Palmwein beschenkt.

Gesunde Ernährung ist auch bei der Besichtigung anderer Projekte ein Schwerpunkt. Die Stadtverwaltung ist besorgt darüber, dass zu wenig Gemüse auf den Tellern der Kinder liegt, ein Problem, dass auch in Deutschland bekannt ist. Abhilfe schaffen soll das Projekt 1 Kind - 1 Topf, das den Kindern des Kindergartens 18. März das Anpflanzen von Gemüse und dessen Verarbeitung nahebringen soll. Das, was die Kinder im Kindergarten mit den Setzlingen tun, sollen sie in einem zweiten Topf zu Hause genauso nachmachen. Denn auch die Eltern essen zu wenig Gemüse. Die geernteten Produkte sollen in der Küche des Kindergartens für die Kinder zubereitet werden. Die Eltern sollen über Elternabende in Kursen über gesunde Ernährung und deren Zubereitung, aber auch Nachhaltigkeit und Müllvermeidung geschult werden. Eine geniale Idee, finden die Teilnehmer der Dresdner Delegation. Auch für Dresdner Schulen wäre dies eine vorbildliche Maßnahme, um mit einem praktischen Ansatz Kinder ans ökologische Gärtnern heranzuführen und den wertschätzenden Umgang mit Nahrungsmitteln sowie gesunder Ernährung und den Respekt vor der Natur näher zu bringen.

Beim Besuch des Geländes, auf dem sich Kindergarten und Schule gleichermaßen befinden, fallen noch mehr Gemeinsamkeiten auf: sowohl in Brazzaville als auch an vielen Dresdner Schulen fehlt es an Bäumen, die bei Hitze Schatten spenden und die Aufenthaltsqualität verbessern. Auf dem Schulhof in Brazzaville fehlen Bäume vollständig, der Platz besteht aus Sand und Schlamm, aufgewühlt von Fußabdrücken ballspielender Kinder. Immerhin unversiegelt, schießt es der Dresdner Delegation durch den Kopf, im Gegensatz zu vielen Dresdner Schulhöfen mit teils vollversiegelten Freiflächen, die sich im Sommer gehörig aufheizen. Hier besteht beiderseits Bedarf, die Aufenthaltsqualität der Schulhöfe durch Bepflanzung und Bereitstellung verschiedener Spiel- und Rückzugsmöglichkeiten zu verbessern.

Im Ergebnis der zahlreichen Besichtigungen wurde mit den Verantwortlichen für Urbane Landwirtschaft und für Umwelt und mit weiteren Experten diskutiert, welche Bedarfe, welche Kenntnisse und welche Erfolgsaussichten vor Ort vorhanden sind. Sechs Themenschwerpunkte wurden vorerst für das Handlungsprogramm festgelegt. Sie umfassen Nachhaltige Landwirtschaft und Ernährungssicherheit; den Wasserhaushalt inklusive Hochwasserschutz und Regenwassermanagement; Erneuerbare Energien; Abfallwirtschaft; Schulgärten und – als Querschnittsthema, das alle Bereiche berührt – Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Mit tiefen Eindrücken, vielen Projektideen und damit auch viel Arbeit reist die Delegation zurück nach Dresden. Denn nun sollen im Rahmen der zweijährigen Klimapartnerschaft die Vorhaben konkretisiert werden um im Anschluss umgesetzt werden zu können.

In Dresden sollen nun weitere Akteure aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft in die Programmentwicklung eingebunden werden, um die notwendige Expertise sicherzustellen und die Freundschaft und das Vertrauen zwischen beiden Städten zu stärken.