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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/06/pm_018.php 06.06.2025 13:31:25 Uhr 22.06.2025 06:49:19 Uhr

Gestaltungskommission Dresden zieht Zwischenbilanz

Allein 47 behandelte Projekte in den vergangenen vier Jahren

Seit 2016 setzt sich die Gestaltungskommission Dresden für die Baukultur in Dresden ein. Sie berät gemeinsam mit den Mitgliedern aus den Fraktionen des Stadtrates private Bauherren und auch die Landeshauptstadt Dresden bei ihren Bauvorhaben oder wichtigen Planungen. Einmal im Quartal diskutiert das Gremium Fragen zu Baukultur, Architektur und öffentlichem Freiraum. Nun ziehen Baubürgermeister Stephan Kühn, der Leiter des Amts für Stadtplanung und Mobilität Dr. Matthias Lerm, der Vorsitzende der Gestaltungskommission Prof. Wolfgang Lorch, seine Stellvertreterin Jórunn Ragnarsdóttir sowie Mitglied Kilian Kresing eine Zwischenbilanz.

„Die Gestaltungskommission bildet gemeinsam mit unseren Gestaltungsleitlinien für Architektur und Stadtraum und dem Erlweinpreis einen Dreiklang der Baukultur in Dresden. Die anfänglichen Zweifel an der Kommission bei ihrer Gründung 2016 sind längst gewichen und die Gestaltungskommission hat mehrfach bewiesen, wie sie wirksam im Sinne der Baukultur ist.“ 

Stephan Kühn, Baubürgermeister der Landeshauptstadt Dresden

Die Gestaltungskommission kann für die Zeit von 2021 bis 2024 auf 15 Sitzungen und 47 behandelte Bauvorhaben zurückblicken. Schlüsselprojekte waren unter anderem die baulichen Erweiterungen von Infineon Technologies und des Sächsischen Landtags, die Kulturwerkschule Trachau, das Herzzentrum in der Johannstadt und der Wettbewerb zu einer thermischen Abfallbehandlungsanlage am Hammerweg. Alle Vorhaben aus den vergangenen vier Jahren fließen in einen abschließenden Tätigkeitsbericht ein. 

Neue Mitglieder der Gestaltungskommission

Ab Herbst 2025 verändert sich die Zusammensetzung der Gestaltungskommission. Mit Jorunn Ragnarsdóttir, Kilian Kresing und Ulrike Böhm scheiden drei der fünf fachkundigen Mitglieder aus. Als neue Mitglieder sind Prof. Irene Lohaus, Susanne Wartzeck und Heiner Farwick vorgesehen. 

Prof. Irene Lohaus ist Landschaftsarchitektin und Stadtplanerin. 1984 bis 1990 absolvierte sie ein Studium der Landespflege an der Universität Hannover. Von 1990 bis 1992 war sie Mitarbeiterin im Büro für Landschaftsarchitektur Professor Günter Nagel. Seit 1993 arbeitet sie als freiberufliche Landschaftsarchitektin, 1996 gründete sie gemeinsam Peter Carl ein Büro. Nach Lehraufträgen an der Leibniz Universität Hannover und der Fachhochschule Münster ab 2006, hält sie seit 2010 die Professur für Landschaftsbau an der TU Dresden. Im gleichen Jahr wurde sie Gesellschafterin der Lohaus + Carl GmbH, seit 2019 Lohaus · Carl · Köhlmos PartGmbB. Sie ist seit 2014 Vorstandsmitglied der Johannes-Göderitz-Stiftung und seit 2018 Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste. 

Susanne Wartzeck ist Architektin und seit 2019 Präsidentin des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA). Nach einer Tischlerlehre studierte sie von 1988 bis 1993 Innenarchitektur und Möbeldesign an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. 1995 erfolgte die Gründung des Büros Sturm und Wartzeck in Dipperz sowie von 1996 bis 1998 ein Studium der Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung an der Universität Kassel. Seit 2010 übt sie Preisrichtertätigkeiten bei diversen Wettbewerben aus, 2012/13 erhielt sie eine Gastprofessur an der Fachhochschule Erfurt. Von 2012 bis 2019 war sie Mitglied im Gestaltungsbeirat Darmstadt sowie von 2015 bis 2019 Mitglied im Gestaltungsbeirat Erfurt. Seit 2016 hat sie den Vorsitz des Mobilen Gestaltungsbeirats Rheinland-Pfalz. 2017 wurde sie Mitglied des Gestaltungsbeirats Halle und Präsidiumsmitglied des BDA Bund.

Heiner Farwick ist Architekt und Stadtplaner, war von 2013 bis 2019 als Vorgänger von Susanne Wartzeck ebenfalls Präsident des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA). Zuvor war er bereits seit 2008 Mitglied im Präsidium des BDA, davon zwei Jahre als Vizepräsident. Studiert hat er bis 1989 an der Universität Dortmund. 1992 gründete er gemeinsam mit Dagmar Grote das Büro farwick + grote Architekten Stadtplaner. 1996 wurde er in den BDA berufen. Heiner Farwick hatte Lehraufträge in Dortmund und Bochum, war und ist außerdem Mitglied mehrerer Gestaltungsbeiräte. Seit 2013 ist er Mitglied im Deutschen Nationalkomitee für Denkmalpflege, seit 2017 Mitglied im Beirat der Bundesstiftung Baukultur und seit 2020 Mitglied im Vorstand des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst. 

Hintergründe zu den Vorhaben

Standorterweiterung Infineon Technologies 

Im Jahr 2022 prüfte der Chiphersteller Infineon Technologies die Voraussetzungen für eine Erweiterung des Produktionsstandorts in Dresden gegenüber anderen Standorten in Europa, in den USA und Asien. In der Diskussion, wie Industriearchitektur im 21. Jahrhundert am spezifischen Standort in Dresden bei zugleich optimaler Funktionalität zeitgemäß zum Ausdruck gebracht werden kann, war der Gestaltungskommission bewusst, dass die große Baumasse nicht „unsichtbar“ gemacht werden kann. Das Motiv der Festung Königstein diente hier als gestalterische Metapher für die Wirkung der Produktionsanlage am Hang der Dresdner Heide. Als sich Infineon Technologies im Herbst 2022 für die Erweiterung des Dresdner Standorts entschied, setzten sie die Planung gemäß den Empfehlungen aus mehreren Sitzungen der Gestaltungskommission fort. Rückblickend zeigt der Prozess, wie in frühen Planungsphasen wesentliche Weichen für den weiteren Verlauf gestellt werden können. 

Erweiterung Sächsischer Landtag

Der Freistaat Sachsen beabsichtigt, den Sächsischen Landtag an der Elbe vor dem Erlweinspeicher zu erweitern. Um einen funktionalen und gestalterischen Anschluss zum Bestandsgebäude des Landtages aus dem Jahr 1991 bis 1994 vom Büro Peter Kulka zu sichern, wurde dieses Büro auch mit der Planung zur Erweiterung beauftragt. Um die wichtigen Sichtbeziehungen zwischen Brühlscher Terrasse, Marienbrücke und den vielen Baudenkmälern an der Elbe zu erhalten, empfahl die Gestaltungskommission dem Planungsbüro, auf hohe Gebäude zu verzichten und tiefere bauliche Varianten zu untersuchen. In der folgenden Sitzung gab es eine Übereinkunft, die Erweiterung als untergliederten dreigeteilten Gebäuderiegel mit drei Geschossen auf einem erhöhten Sockel zu errichten. Auf dieser Grundlage wurde die Fassadengliederung, die Materialität und die Wirkung der umgebenden öffentlichen und halböffentlichen Freiräume zur Elbe und zu den benachbarten Gebäuden vertieft ausgearbeitet. 

Kulturwerkschule in Trachau

An der Leipziger Straße in Trachau ist ein neues Schulgebäude mit einem eigenen pädagogischen Konzept unter dem Namen „Kulturwerkschule“ geplant. Aufgrund der markanten städtebaulichen Lage an der Leipziger Straße und der Lückenbebauung zwischen offen und geschlossen bebauten Stadtquartieren wurde das Projekt für die Diskussion in der Gestaltungskommission angemeldet. Besonders die Anlehnung an die gründerzeitlichen Werkhallen in der Umgebung wurde als wesentlicher Bestandteil der gestalterischen Qualität hervorgehoben, ebenso wie die verstärkten Bezüge zur benachbarten Bebauung. Mit der Anregung aus der Gestaltungskommission, die Aspekte der Adressbildung sowie den Werkstattcharakter des Schulgebäudes in den weiteren Planungsschritten als Zielstellung zu vertiefen, wurde die weitere Planung bis zum Satzungsbeschluss des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes 2025 fortgeführt.

Neues Gebäude für das Herzzentrum in der Johannstadt

Das Herzzentrum Dresden plant die Errichtung eines neuen Klinikgebäudes an der Blasewitzer Straße. Mit dem neuen größeren Gebäude soll die Versorgungsinfrastruktur deutlich über die Stadtgrenzen hinaus gestärkt werden. Die Herausforderung des Neubaus bestand darin, zwischen der kleinteiligen Bebauung im Westen und Süden und der großmaßstäblichen Bebauung auf dem Campus des Uniklinikums zu vermitteln. Zur transparenten Begleitung des Planungsprozesses wurde das Vorhaben mehrfach in öffentlichen Sitzungen der Gestaltungskommission vorgestellt. Ein besonderer Fokus lag auf der Gestaltung des Haupteingangs mit den vorgelagerten Freiflächen sowie auf der Einbindung der Zu- und Ausfahrten und des Hubschrauberlandeplatzes. Ziel war es, gestalterische Qualität zu sichern und Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft zu minimieren.

Bau einer thermischen Abfallbehandlungsanlage am Hammerweg

Am Hammerweg plant das Versorgungsunternehmen SachsenEnergie die Modernisierung und Erweiterung einer thermischen Abfallbehandlungsanlage. Das Unternehmen hat den Anspruch, der Anlage eine angemessene äußere Gestalt zu verleihen. Die Anlage befindet sich am Dresdner Heller und ist von den umliegenden Anhöhen gut sichtbar. Für die Gestaltung von Fassade und Dach wurden zwei Planungsbüros zu einem kooperativen Wettbewerb eingeladen. Die Auswertung der eingereichten Arbeiten erfolgte in zwei Sitzungen der Gestaltungskommission. Damit brachte sich die Gestaltungskommission auch außerhalb repräsentativer Standorte und Bauprojekte zum Thema Baukultur ein. Aufgrund des zukünftig zu erwartenden Ausbaus der energetischen und ressourcenschonenden Infrastruktur, dient dieses Verfahren als Beispiel, wie Industrie- und Infrastrukturprojekte in die lokale Tradition der Industriearchitektur integriert werden können.