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https://www.dresden.de/de/leben/gesellschaft/migration/integrationspreis/interview-integrationspreis-2.php 11.10.2018 10:35:10 Uhr 26.04.2024 09:58:27 Uhr

„Die ABC-Tische sind ein wichtiger Anlaufpunkt.“

Die ABC-Tische und ihr Mitgründer Stefan Mertenskötter (links).
Die ABC-Tische und ihr Mitgründer Stefan Mertenskötter (links).

Nachgefragt bei: Stefan Mertenskötter von den ABC-Tischen des Umweltzentrums

Interview mit Stefan Mertenskötter von den ABC-Tischen des Umweltzentrums Dresden e. V. Er und sein Team erhielten 2017 den Dresdner Integrationspreis für ihren Beitrag. Seit kurzem befindet sich der Treff im Dresdner Albertinum.

Die Preisskulptur zeigt eine stilisierte Weltkugel, was haben Sie mit der Skulptur gemacht?
Die Skulptur wird natürlich immer mal aufgebaut. Sie steht dann während der Zeit der ABC-Tische sichtbar für alle im Lichthof des Albertinums. So haben wir den Preis gut im Blick.

Wie hat sich die Arbeit bei den ABC-Tischen seit der Preisverleihung verändert?
Die ABC-Tische sind nach wie vor ein wichtiger Anlaufpunkt – für die Geflüchteten ebenso wie für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Es gibt das Projekt seit fast drei Jahren. Da viele sich schon lange kennen, ist die Atmosphäre sehr vertraut und freundschaftlich. Die Tische bieten einen geschützten Raum für Gespräche über alle möglichen Themen, Sorgen und Nöte.
Wir versuchen gemeinsam, Probleme zu lösen und freuen uns gemeinsam über kleine Erfolge: die bestandene Prüfung, den gefundenen Ausbildungsplatz. Der Zuspruch ist ungebrochen groß. Von Dienstag bis Samstag kommen täglich 50 bis 70 Personen zu uns. Immer mehr Frauen und auch Kinder sind dabei. Für alle gilt es, ein Programm zu machen.

Wo gibt es Probleme?
Die Bedürfnisse der Menschen haben sich mit der Zeit sehr gewandelt und differenziert. Die einen sind Deutsch-Anfänger und können auch in ihrer Muttersprache weder lesen noch schreiben. Die anderen haben ihren C1-Abschluss in der Tasche und bereiten sich auf ein Ingenieursstudium vor.
Wir wollen darauf reagieren und bemühen uns um die Einrichtung von Themen-Tischen zu den unterschiedlichen Bedürfnissen.

Was haben Sie mit dem Preisgeld gemacht?
Wir haben Material für unsere Arbeit gekauft: Lehrmaterial und Landkarten, die zum Einsatz kommen, wenn wir über unsere Herkunftsorte sprechen. Wo liegt noch mal Kabul? Wo genau ist Stuttgart? Einige von den besonders aktiven Ehrenamtlichen haben eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen. Der Großteil des Geldes ist aber noch nicht ausgegeben.

Was sind die aktuellen Herausforderungen für das Projekt?
Das Projekt wird inzwischen als integrative Maßnahme vom Freistaat Sachsen gefördert. Wir haben jetzt ein kleines Team hauptamtlicher Mitarbeiter, darunter auch vier Geflüchtete, die einen Bundesfreiwilligendienst bei uns leisten.
Wir möchten langfristig die Öffnungszeiten von zwei auf acht Stunden erweitern und für die immer spezieller werdenden Bedürfnisse Angebote in Kleingruppen schaffen. Dafür braucht es eine kluge Planung und viele ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer, die uns ihre Zeit und ihr Fachwissen zur Verfügung stellen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir wünschen uns ein besseres gesellschaftliches Klima, eine größere Offenheit von Seiten der Politik und mehr Verständnis für die Nöte der Geflüchteten in unserem Land.
Wir wollen unsere Arbeit gern weiterführen. Durch sie sind ein großes Vertrauen und ein gutes Miteinander gewachsen. Im Prinzip könnten die ABC-Tische eine Vorlage für viele andere Treffs sein, nicht nur für Geflüchtete, sondern für alle, die zu uns nach Deutschland kommen: dauerhafte Orte für einen Austausch auf Augenhöhe, an denen jeder und jede das Gefühl hat, etwas mitnehmen und auch beitragen zu können.