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https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2021/05/pm_050.php 27.05.2021 11:36:47 Uhr 23.04.2024 16:59:29 Uhr

Stadtverwaltung will historische Gräber auf Friedhöfen erhalten

Die Landeshauptstadt Dresden hat dem Stadtrat vorgeschlagen, den Erhalt historischer Grabstätten künftig stärker zu fördern und eine Fachkommission einzurichten, die den Überblick über die Gräber historischer Persönlichkeiten aktualisiert. Der Stadtrat hatte mit Beschluss des Haushaltes 2021/2022 zusätzliche Mittel zum Erhalt der Dresdner Friedhöfe bereitgestellt, die dafür verwendet werden sollen. Damit wird das 2018 beschlossene Friedhofsentwicklungskonzept weiter umgesetzt, das in seinen Leitsätzen auch die Pflege und Erhaltung der Gräber historischer Persönlichkeiten vorsieht.

Die für Friedhöfe zuständige Bürgermeisterin Eva Jähnigen erläutert: „Für die Landeshauptstadt Dresden sind die historisch bedeutenden Gräber ein Archiv der Stadtgeschichte. Es sind Erinnerungen an Personen, die die Stadt geprägt haben. Die Grabsteine stehen als abschließendes Symbol des weltlichen Daseins und helfen, Ideenreichtum, Mut, Schöpferkraft und Lebensläufe dieser Persönlichkeiten lebendig zu halten. Die Landeshauptstadt Dresden möchte helfen, diese Gräber zu erhalten. Für die Pflege und Erhaltung benötigen die Friedhöfe erheblich mehr finanzielle Unterstützung. Die seit den 1990er Jahren gezahlte Pflegepauschale reicht bei weitem nicht mehr aus.“

Mehr als 200 prominente Grabstätten auf Dresdens Friedhöfen

Dresden ist eine Stadt mit einer reichen und vielfältigen Geschichte, geprägt von Wissenschaftlern, Künstlern, Architekten, Bildhauern, Unternehmern, Politikern und anderen Menschen, die sich zu verschiedenen Zeiten in der Stadt engagiert haben. Dieser Geschichte begegnet man auf fast jedem der 58 Dresdner Fried- und Kirchhöfe: Hier ruhen historische Persönlichkeiten aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Viele von ihnen hatten lokale Bedeutung. Oftmals erzählen die Inschriften auf ihren Grabsteinen zudem Interessantes zur Ortsgeschichte. Andere sind landesweit bekannt und einige haben es zu Weltruhm gebracht. Auf Dresdner Friedhöfen erhalten gegenwärtig 236 Grabstätten von historischen Persönlichkeiten eine Förderung. 104 Gräber werden durch Privatpersonen, Stiftungen oder andere Engagierte gepflegt. Für 132 Gräber erhalten die Friedhofsträger anteilig finanzielle Unterstützung von der Landeshauptstadt Dresden. In den letzten Jahren signalisierten die Friedhofsträger vermehrt, dass sie aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Pflege und Instandhaltung dieser Gräber nicht mehr wahrnehmen können.

Mehr Geld für Pflege der historischen Gräber nötig

Für die Pflege und Erhaltung dieser Gräber wurden bisher pro Grab durchschnittlich 150 Euro jährlich aus dem städtischen Haushalt bereitgestellt – insgesamt etwa 20.000 Euro pro Jahr. Benötigt werden mehr als 90.000 Euro, denn die tatsächlichen Kosten einer Grabgrundpflege ohne Saisonbepflanzung können mit diesem Betrag bereits seit einigen Jahren nicht mehr gedeckt werden. Allein für eine pflegeleichte Dauerbegrünung liegen die Durchschnittskosten jetzt bei rund 80 Euro brutto pro Quadratmeter und Jahr. Die Stadtverwaltung schlägt vor, jedes historische Grab mit bis zu 400 Euro pro Jahr zu fördern.

Liste der geförderten Gräber soll aktualisiert werden

Eine Kommission soll zudem prüfen, welche historischen Gräber künftig gefördert werden. „Die letzte Aktualisierung der Übersicht über die historischen Gräber erfolgte 1987. Die pauschale Bestätigung durch Stadtverordnetenbeschluss ist aus dem Jahr 1992. Inzwischen haben die Friedhofsträger viele weitere Gräber vorgeschlagen, die erhaltenswert sein könnten. Generell ist bei einer Benennung, Fortschreibung oder Neukonzeptionierung der Liste historischer Grabstätten zu beachten, dass sich die Einschätzung zu einer Person im Laufe der Zeit und im Licht neuerer Erkenntnisse ändern kann. Zu berücksichtigen ist, dass jeder Mensch und sein Handeln auch im zeithistorischen Kontext stehen. Die Fachkommission soll bewerten, welche Gräber tatsächlich weiterhin eine geförderte Pflege erhalten. Die Arbeitsergebnisse der Fachkommission werden dann Grundlage für die Fortschreibung der Liste der historischen Gräber sein, über die erneut der Stadtrat entscheiden wird“, beschreibt Jähnigen das weitere Vorgehen.

Zu den bekanntesten in Dresden beigesetzten Persönlichkeiten gehören unter anderem der Bildhauer Balthasar Permoser, der Komponist Carl Maria von Weber (jeweils auf dem Alten Katholischen Friedhof), die Künstlerin Gertrud Caspari auf dem Neuen Friedhof Klotzsche, die Politikerin Elsa Fenske auf dem Heidefriedhof, Maler wie Adrian Ludwig Richter auf dem Neuen Katholischen Friedhof und Caspar David Friedrich auf dem Trinitatisfriedhof, die Wissenschaftler Heinrich Barkhausen auf dem Urnenhain Tolkewitz und Manfred von Ardenne auf dem Waldfriedhof Bad Weißer Hirsch.

So pflegt man historische Gräber auf dem Johannisfriedhof

Als ein Beispiel für die Pflege dieser Gräber steht der Johannisfriedhof. Dort befinden sich dutzende Grabstellen von stadtgeschichtlich bedeutsamen Persönlichkeiten. Für 23 Grabstellen, darunter die der Oberbürgermeister Blüher, Beutler und Pfotenhauer, erhält die Friedhofsverwaltung derzeit anteilig Mittel der Landeshauptstadt Dresden, damit die Gräber gepflegt und erhalten werden können.

Friedhofsverwalterin Beatrice Teichmann schildert: „Wie wir den Erhalt der Gräber, darunter eine Vielzahl von Einzeldenkmalen, sichern können, ist ungewiss. Die Friedhofsverwaltung bemüht sich, diese Gräber auf eigene Kosten zu pflegen. Denn es ist wichtig, die Erinnerung an die Persönlichkeiten wach zu erhalten. Es wäre ein großer Verlust für Dresden und für den Johannisfriedhof selbst, wenn diese Grabstellen mangels finanzieller Mittel für die bauliche und gärtnerische Unterhaltung eines Tages beräumt werden müssten.“

Es gibt jedoch kein Gesetz, das die Gräber historischer Persönlichkeiten über die Mindestruhezeit von meist 20 Jahren hinaus schützen würde. Wenn die Nachkommen oder sonstigen Nutzungsberechtigten die Liegezeit nicht verlängern, übernehmen die Friedhofsträger das Grab in ihr Eigentum. Sie versuchen, Nachfahren, Vereine, Institutionen und Firmen sowie Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen, die Engagement, Fleiß und Geld zur Erhaltung und Pflege dieser Gräber aufwenden. Das gelingt nicht immer und ist für die Friedhofsträger eine zusätzliche finanzielle Last.

Welcher Aufwand für die Erhaltung dieser historischen Gräber notwendig sein kann, zeige die Ruhestätte der Familie Roetzschke. Der von Gustav Eberlein geschaffene Engel aus Carrara-Marmor kehrte am 20. Mai 2021 nach aufwändiger Restaurierung auf die Grabstelle zurück, die von Paten gepflegt wird. Die Restaurierung des Engels überstieg die finanziellen Möglichkeiten der Paten. „Um diese Grabanlage mit der wertvollen Plastik zu erhalten, haben wir Fördermittel bei Bund und Land beantragt. Die Kosten der Restaurierung betrugen 23.800 Euro. Davon waren 15.700 Euro Fördermittel. Der Friedhof wendete Eigenmittel in Höhe von 8.100 Euro auf“, erläutert Beatrice Teichmann.

Bürgermeisterin Eva Jähnigen: „Neben den Anstrengungen der Stadt, der Friedhofsträger und vieler Freiwilliger ist eine weitere Unterstützung dieser Aufgabe durch die Dresdnerinnen und Dresdner willkommen, um das historische Erbe auf den Dresdner Friedhöfen zu erhalten. Wer Interesse hat, sich um eine dieser historischen Grabstätten zu kümmern, sollte sich an den jeweiligen Friedhof wenden.“

Historische Gräber - drei Beispiele

Prof. Friedrich Preller (1838 - 1901) war Professor für Landschaftsmalerei an der Kunstakademie in Dresden. Zu seinen Arbeiten gehören Wandmalereien in der Semperoper, im Albertinum und in der Albrechtsburg Meißen. Eine Straße in Dresden-Blasewitz wurde nach ihm benannt. Das 5,50 Quadratmeter große Grab fördert die Landeshauptstadt derzeit mit 56 Euro im Jahr.

Marcella Sembrich (1858-1935) war eine polnische Sängerin und Pianistin. Sie galt seinerzeit als eine der besten Koloratursopranistinnen. Sie hatte weltweit Engagements an Opern- und Konzerthäusern und feierte triumphale Erfolge. Nach ihrem Tod in New York wurde sie von ihrem Sohn in die Familiengrabstelle auf dem Johannisfriedhof überführt. Die Angehörigen sind jedoch nicht mehr zu ermitteln. Um die Sanierung der Grabstelle bemühte sich die Friedhofsverwaltung, welche auch die Kosten für die Grabpflege übernimmt, damit die Grabstelle nicht verwildert.

Der Jurist Friedrich Wilhelm Pfotenhauer (1812 – 1877) war 28 Jahre lang Bürgermeister der Stadt Dresden. Eine Straße in Johannstadt ist nach ihm benannt. Für das 15 Quadratmeter große Grab bringt die Landeshauptstadt Dresden derzeit 150 Euro im Jahr auf.