Landeshauptstadt Dresden - www.dresden.de

https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/2017/10/pm_082.php 03.11.2017 13:17:22 Uhr 19.04.2024 09:36:15 Uhr

Oberbürgermeister Dirk Hilbert verleiht Dresdner Ehrenmedaille

Dr. Nora Goldenbogen, Ernst Hirsch, Roland Kaiser, Nora Lang und Frank Richter – sie alle sind „Dresdner“. Und so unterschiedlich sie sein mögen, so gemeinsam ist ihr Engagement für unsere Stadt. Oberbürgermeister Dirk Hilbert zeichnet diese fünf besonderen Menschen heute, Freitag, 27. Oktober 2017, mit der Ehrenmedaille der Stadt aus. „Für Verdienste um die Landeshauptstadt Dresden“ steht auf 500 Gramm schweren Silber, gestaltet vom Architekten und Medailleur Peter-Götz Güttler. Ein kleines Gewicht großer Anerkennung und Dank für die Liebe zu Dresden, für mutiges Gesicht zeigen, für stetiges Erinnern und klare Worte, für wunderbare, einmalige Bilder, für außergewöhnliche Geschichten, für Ausdauer und Zuversicht.

„Die Geschichte der Stadt Dresden hat wenig mit den idealtypischen Bildern der barocken Malerei gemein. Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau sind Teil der Historie, genauso wie politische Erdbeben und gesellschaftliche Umwälzungen. Aber auch Aufbruch und Blüte hat die Stadt gleich mehrfach erlebt. Alle diese Zeiten haben eines gemein: Immer gab es Menschen, die in besonderer Art und Weise für die Stadt gewirkt haben. Menschen, die das Gemeinwohl und ihre Liebe zu der Stadt, über ihre eigenen Interessen und auch ihr eigenes Wohlergehen gestellt haben. Menschen, die auch immer Vorbild für andere Menschen waren. Und was für die Vergangenheit der Stadt galt, gilt umso mehr für unsere Zukunft. Der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden hat mit übergroßer Mehrheit beschlossen, fünf Menschen für ihre Verdienste und ihr Engagement genau in diesem Sinne auszuzeichnen. Die Ehrenmedaille ist kein Wettbewerbsgewinn, nicht das Ergebnis einer Juryentscheidung und kein materieller Zugewinn. Sie ist Ausdruck der Anerkennung und Würdigung von Persönlichkeiten durch die gewählten Vertreter der Bürgerschaft selbst“, so Oberbürgermeister Dirk Hilbert.

Die Ehrenmedaille der Stadt Dresden erhalten Menschen, die sich um das gesellschaftliche, politische, kulturelle, religiöse, soziale oder wirtschaftliche Leben in der Stadt in besonderer Weise verdient gemacht oder durch ihr Wirken das Ansehen der Stadt Dresden gemehrt haben. Insgesamt gibt es aktuell 25 Ehrenmedaillen. Über ihre Vergabe entscheidet der Stadtrat. Bisherige Preisträger seit 2004: Karlheinz Drechsel, 2005: Prof. Dr. Gerhard Glaser und Siegfried Reimann, 2006: Dr. Alan Keith Russel, 2010: Marian Sobkowiak und Joachim Schlese. Die Verleihung findet im Plenarsaal des Dresdner Rathauses statt, musikalisch umrahmt von der Dresdner Philharmonie.

Zu den Preisträgern:

Die Historikerin Dr. Nora Goldenbogen hat als Gründungsmitglied und ehemalige Leiterin den Verein HATiKVA e. V. wesentlich geprägt. Mit ihrer Persönlichkeit fühlt sie sich dessen Anliegen verpflichtet, über jüdische Kultur in Vergangenheit und Gegenwart auf vielseitige Weise zu informieren. Unter ihrer Leitung entwickelte er sich zu einer weit über die Stadtgrenzen hinaus wirkenden Bildungs- und Kultureinrichtung. Diese ist bisher mit ihrer thematischen Spezifik, ihrer Angebotsbreite und insbesondere auch ihrer Fokussierung auf außerschulische Jugendbildung in Dresden und in Sachsen einmalig. Auch als Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dresden hat Dr. Nora Goldenbogen großen Anteil an der heutigen Gedenk- und Erinnerungskultur der Stadt. Mit großem persönlichem Engagement setzte sie sich für die Errichtung jüdischer Denkzeichen im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Dresden ein. Nach der vor mehr als zehn Jahren hierfür entwickelten Konzeption sind inzwischen mehrere, unterschiedlich gestaltete Bezüge im Stadtgebiet erlebbar. Sie verweisen auf wichtige Gedenkorte jüdischer Geschichte in Dresden. In beiden Funktionen verband Dr. Nora Goldenbogen Bildungsarbeit und Völkerverständigung als Grundlagen ihrer Arbeit.

Der 1936 in Dresden geborene Kameramann und Regisseur Ernst Hirsch gilt als das filmische Gedächtnis der Stadt ─ das Auge Dresdens. Bereits mit seinem ersten Film von 1953 „Barock im Wiederaufbau“ zeichnete er sein filmisches Programm für die folgenden Jahrzehnte vor. Sein Interesse galt fast ausschließlich dem Dokumentarfilm. Dresden spielt darin meist die Hauptrolle. Ernst Hirsch sind einfühlsame Filme über Persönlichkeiten der Kunstgeschichte zu verdanken, zum Beispiel Bernardo Bellotto, Caspar David Friedrich, Ludwig Richter, Otto Griebel, Otto Dix oder August Kotzsch. Er lieferte auch immer wieder sehr gründliche Dokumentationen zu verschiedenen Themen der Stadtgeschichte. Besonders bekannt ist zuletzt die zwischen 1994 und 2005 entstandene siebenteilige Dokumentationsreihe „Die steinerne Glocke“ geworden, die den Wiederaufbau der Frauenkirche Dresden zeigt. Ernst Hirsch ist Sammler und Hüter von Archivalien. Sein Fundus historischer Filme über die Stadt Dresden gilt als einer der Größten. Es entstanden die „Dresdner Filmschätze“, Beiträge mit historischen Amateurfilmaufnahmen. Dank jahrzehntelanger Arbeit steht Ernst Hirsch heute für eine Fülle von unverwechselbaren Dresden-Kunstwerken.

Seit vier Jahrzehnten steht Roland Kaiser, der Grandseigneur der deut­schen Musikszene, mit stets wachsendem Erfolg auf der Bühne. Seit 2003 lädt er nach Dresden zur KaiserMania im Rahmen der Film­nächte am Elbufer ein. Die Konzerte vor der sommerlichen Kulisse der Stadt brechen jährlich die eigenen Zuschauerrekorde. Der Künstler und Dresden sind in der öffentlichen Wahrnehmung des In- und Auslandes inzwischen untrennbar miteinander verbunden. Neben seinem Erfolg als Sänger engagiert sich Roland Kaiser für soziale und gesellschaftliche Projekte in ganz unterschiedlichen Lebens­bereichen. Er ist Botschafter des Kinderhospiz Mitteldeutschland e. V. sowie der Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und Familienwerke, zu denen auch Einrichtungen in Dresden und Steinbach bei Moritzburg zählen. Roland Kaiser ist ein vorbildlicher Botschafter der Stadt Dresden, als Künstler und engagierte Persönlichkeit.

Mit neun Jahren erlebte Nora Lang die Luftangriffe auf Dresden 1945. Vor diesem biografischen Hintergrund setzt sie sich als Zeitzeugin seit mehr als zwei Jahrzehnten für Frieden, Versöhnung und Menschenrechte ein. Nora Lang ist an Friedensaktivitäten in einem weiten internationalen Kontext beteiligt und wird von Menschen und Organisationen zwischen Nagasaki und New York, zwischen Kapstadt und Oslo geschätzt. Sie engagiert sich für wahrhaftige und solidarische Begegnung zwischen den Generationen, Nationen und Kulturen und ist Wegbereiterin für eine aktive Versöhnung mit Menschen, die unter den von Deutschland im 20. Jahrhundert zu verantwortenden Verbrechen und Kriegen gelitten haben. Sie wurde zu einer Schlüsselfigur, etwa im Verhältnis zu den Überlebenden deutscher Verbrechen in Gernika, Wielun, Coventry und Lidice. 1995 initiierte Nora Lang das erste öffentliche Treffen der Zeitzeugen-Generation des Jahres 1945 in Dresden und war maßgeblich daran beteiligt, neue Formen des gemeinsamen Erinnerns zu entwickeln. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgruppe 13. Februar. Das beim jährlichen Gedenken in Dresden verwendete Symbol der weißen Rose geht auf ihren Vorschlag zurück. Nora Lang ist auch Botschafterin des „Verbundnetzes der Wärme“ der VNG-Stiftung, eines der größten Ehrenamtsnetze in Ostdeutschland.

Als Kaplan war Frank Richter im Herbst 1989 prägendes Gründungsmitglied der „Gruppe der 20“ und leistete einen wesentlichen Beitrag zur Friedlichen Revolution in Dresden. Er setzte auf Dialog und konnte in einer schwierigen Situation ausgleichend wirken. Zwischen 2011 und 2013 war er dann als Mo­derator der Arbeitsgruppe 13. Februar gefragt. Das Forum rief 2009 Oberbürgermeisterin Helma Orosz ins Leben, um mehrere Kräfte in der Stadt für ein gemeinsames, demokratisches und in die Gegenwart wirkendes Erinnern an die Zerstörung 1945 zu verbinden. Frank Richter gelang es, die Diskussion zu versachlichen, gegenseitiges Verständnis zu fördern und so die Erinnerungskultur produktiv weiterzuentwickeln. Sein Leitmotto „Kommunikation kann schiefgehen. Nichtkommunikation geht schief.“ vermittelt ein Verständnis von politischer Kultur, das bundesweit für Aufmerksamkeit sorgt. Frank Richter, von 2009 bis Anfang 2017 Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, wurde damit erneut zu einem wichtigen Akteur in Dresden während der Flüchtlingskrise und der Auseinandersetzungen um PEGIDA. Dies zeigte sich in zahlreichen Wortmeldungen und Dialogveranstaltungen, in denen er vermittelnd auftrat. Seine Bereitschaft, in herausfordernden Zeiten Verantwortung zu übernehmen, ist beispielgeben