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https://www.dresden.de/de/leben/gesellschaft/migration/asyl/statements/statement-eines-start-stipendiaten.php 05.10.2015 12:44:14 Uhr 29.03.2024 14:16:28 Uhr

Statement eines Start-Stipendiaten vom 20. Januar 2015

Guten Tag,
mein Name ist Noah Awassi. Ich bin 16 Jahre alt. Mein Vater kommt aus dem Benin in West-afrika und meine Mutter ist in der Nähe von Leipzig geboren. Seit August 2012 bin ich Stipendiat der START-Stiftung, welche engagierte Jugendliche mit Migrationshintergrund auf Ihrem Weg zum Abitur begleitet. Schülerinnen und Schüler des Stipendienprogrammes werden finanziell unterstützt und nehmen an außerschulischen Bildungsseminaren zu überwiegend gesellschaftlichen und politischen Themen teil.
Ich fühle mich mit der Stadt Dresden verbunden, ich wurde hier geboren, lebe seitdem fast ununterbrochen hier und spiele in der U17 Jugendmannschaft der SG Dynamo Dresden. Ge-rade aufgrund meiner Verbundenheit  bin ich jedoch von den jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen sehr enttäuscht. Ich finde es schade, dass sich ausgerechnet in „meiner“ Stadt eine derart große Personengruppe findet, die mehrheitlich asyl- und islamkritische Ansichten vertritt.

Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass im Sport Herkunft, Religion oder Hautfarbe weit weniger ausmacht als im normalen Alltag. Fußball verbindet viele verschiedene Jugendliche und Rassismus oder sonstige Diskriminierungen werden immer wieder strikt abgelehnt und bekämpft.
Im Alltag hingegen tritt latenter Rassismus öfter zutage. Beispielsweise das unbewusste, ständige Herabsetzen Menschen afrikanischer Herkunft und das fehlende Bewusstsein, über andere wie Menschen 2. Klasse zu denken ist für mich oft sehr frustrierend.

Die Aussage eines Taxifahrers gegenüber meiner Mutter, hier „bei euch“ (gemeint war in diesem Falle Sachsen) wäre die Welt noch Ordnung, da wir ein Bundesland mit einem vergleichsweise geringen Anteil an Ausländern seien, schockieren und machen mich traurig. Bei der häufig einseitigen Sicht vieler Menschen auf Zuwanderung oder Asylsuchende werden die positiven Aspekte oft zu wenig berücksichtigt. Wir können von einander lernen und unser Weltbild erweitern.

Das Recht auf Asyl ist seit 1949 im Grundgesetz verankert. Die Verfolgung aus politischen Gründen noch unmittelbar vor Augen, verfasste der Parlamentarische Rat nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft den Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz. Vor diesem Hintergrund finde ich es wichtig, dass sich die Menschen dieser Stadt für ein tolerantes und menschenfreundliches Dresden engagieren. Meiner Meinung nach kann sich das teilweise von neonationalsozialistischen und ausländerfeindlichen Berichten geprägte Bild Dresdens überregional und international erst verändern, wenn sich eine breite Mehrheit findet, die sich offen und engagiert zu den genannten humanistischen Werten bekennt.

Ich bin Christ. Für mich beinhaltet die christliche Kultur Offenheit und Toleranz anderen Religionen gegenüber. Gerade deshalb kann und möchte ich verallgemeinernde und unsachliche Äußerungen über Muslime, die leider immer wieder zu hören sind, nicht akzeptieren und verstehen. Ich habe als Stipendiat viele Jugendliche aus den unterschiedlichsten Ländern kennengelernt und darunter viele muslimische Freunde.

Vor diesem Hintergrund bin ich froh, dass sich die politische Führung in Dresden mehrfach eindeutig und klar zu den PEGIDA-Aufmärschen geäußert hat und ausländerfeindliche Tendenzen ebenfalls nicht akzeptiert. Ich persönlich denke, dass es wichtig ist, mit den Anhängern der PEGIDA ins Gespräch zu kommen und bestehende Ängste auszuräumen. Deshalb würde ich mir noch mehr Veranstaltungen wünschen, die die Integration der bei uns aufgenommen Asylsuchenden in unsere Gesellschaft fördern und unterstützen. Meiner Meinung nach besteht dort noch großes Potenzial. Durch persönlichen Kontakt und gemeinsame Erlebnisse mit den Asylsuchenden können bestehende Vorurteile abgebaut und die Gemeinschaft Dresdens gefördert werden.